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Dioxin-Skandal: EU will Preisverfall bei Schweinefleisch stoppen

Sonntag, 30. Januar 2011

Schweine nicht zu billig verkaufen

Sonntag, 30. Januar 2011
 
 
Nachdem Brüssel angekündigt hat, die private Lagerhaltung für Schweine zu öffnen, sind die Preise an der Warenterminbörse deutlich gestiegen. Landwirte sollten sich nicht mit zu billigen Preisen abspeisen lassen.
Billiges Fleisch: Schlachthöfe suchen nach Schlacht-Schweinen

Vor allem der Februar-Kontrakt lag mit 1,37 Euro je Kilo sieben Cent höher als noch am Montag. Agrarheute.com berichtet, dass deutschen Schlachtereien händeringend nach Schweinen suchen. Das derzeitige Angebot können die Nachfrage kaum decken, heißt es. Offenbar wissen die Schlachtunternehmen ganz genau, dass sie so billig nicht mehr an Schweinefleisch herankommen werden. Teilweise erhalten deutsche Landwirte gar die Preise schon für die kommende Woche.

Private Lagerhaltung – mehr Fluch als Segen?

Die ISN-Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands lehnt indes die private Lagerhaltung ab. Bei der privaten Lagerhaltung werde das Schweinefleisch lediglich für einige Monate eingelagert und dem Markt zu einem späteren Zeitpunkt wieder zugeführt. Das führe dann unweigerlich zu einer unnötigen Schwächung eines positiven Markttrends oder gar zu fallenden Preisen. Das sei die Erfahrung der Erzeuger in der Vergangenheit. Dieses Marktinstrument störe den weitgehend freien Schweinemarkt mehr, als dass es nütze.

Schweine auch ohne private Lagerhaltung interessant

Abgesehen von den erheblichen Kosten, die der EU entstehen und den Landwirten angelastet werden, bewirke die private Lagerhaltung lediglich eine zeitliche Verschiebung des Angebots- und Preisdrucks und behindere marktwirtschaftliche Problemlösung. Auch ohne die private Lagerhaltung dürfte das derzeitige Preisniveau für viele Schlachtunternehmen und Fleischhändler interessant sein, um jetzt billiges Schweinefleisch einzulagern und dann in einigen Monaten mit deutlichem Gewinn wieder zu vermarkten (Quelle: agrarmarkt.com)

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Schweinepreise 17.02.2011

Montag, 24. Januar 2011

17.01.2011

Ferkel

Der Preisverfall bei Schlachtschweinen zieht aufgrund äußerst schwacher Nachfrage einen Preisrutsch bei den Ferkeln nach sich. Sowohl die Notierungen für die letzte als auch für die laufende Woche geben deutlich nach. Dies gilt für ganz Deutschland.

Schweine

Die Verunsicherung am Schweinemarkt aufgrund der Dioxinproblematik und die Einschränkung der Schlachtzahlen führten zu einer dramatischen Rücknahme des Preises um 23 Cent pro kg SG. Damit dürfte die Talsohle erreicht sein, sofern nicht weitere Sperrungen erfolgen.

Sauen

Verarbeitungsfleisch kaum gefragt. Auch die Sauenpreise mussten gravierend nach unten korrigiert werden.

Ist der Dioxin-Skandal vorbei?

Montag, 24. Januar 2011

Saerbeck/Kreis Steinfurt – Alle Höfe in NRW, also auch die im Kreis Steinfurt, sind wieder freigegeben. Ist damit auch der Dioxin-Skandal vorbei? Dr. Andreas Raatz vom Kreis-Veterinäramt rechnet nicht damit, dass neue Lieferlisten auftauchen, die weitere Hinweise auf belastetes Futter geben, aber: „Ich bin auch kein Prophet.“ 15 von 18 Probeschlachtungen im Kreis hätten bei Schweinen keine erhöhten Dioxin-Werte ergeben; drei Ergebnisse stünden noch aus, aber die betroffenen Höfe seien jetzt schon freigegeben worden, weil das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz, LANUV, dies aufgrund der Gesamtlage so angeordnet habe, Und noch eine gute Nachricht sogt bei den Bauern für Erleichterung: Russland hat sein Import-Verbot für deutsches Schweinefleisch wieder aufgehoben. Carsten Spieker, Vize-WLV-Kreisvorstand: „Der Export ist für uns extrem wichtig.“

Derweil geht auch regional die Aufarbeitung des Skandals weiter. WLV-Kreisverbandschef Johann Prümers sprach gestern vor der Presse im Saerbecker Grünen Zentrum von „krimineller Energie einzelner Täter“, unter der jetzt ein ganzer Berufsstand zu leiden habe. Geldbußen reichten hier nicht aus, meinte Prümers und forderte Haftstraßen für die Täter.

Weiterhin leiden die Landwirte auch im Kreis Steinfurt unter dem Preisverfall für Fleisch und Eier in Folge des Dioxin-Skandals. Von 1,41 Euro pro Kilo Schweinefleisch vor der Krise sei der Preis bis auf 1,12 Euro gefallen, führte Albert Rohlmann, Vorsitzender des Veredlungsausschusses im Kreis Steinfurt, aus. Das mache pro Schwein 25 bis 30 Euro Verlust aus und könne auch schon mal bis auf 50 Euro Verlust ansteigen, wenn Tiere zu schwer geworden seien. Auch habe die Ferkelnachzucht ja nicht auf die schwindende Nachfrage abgestimmt werden können, was ebenfalls Kosten verursache.

Ähnlich sieht es bei Eiern aus. Carsten Breckweg, Geflügelbauer aus Recke, dessen Hof als erster im Kreis gesperrt wurde: „Der Eierpreis ist auf ein katastrophal niedriges Niveau gesunken.“ Prümers schätzt, dass jeder Veredlungsbetrieb im Kreis zwischen 10 000 und 20 000 Euro Schaden erlitten habe. Hier seien finanzielle Erleichterungen für die Landwirte angebracht. Die Landwirtschaftliche Rentenbank habe bereits Liquiditätsdarlehen für dioxingeschädigte Betriebe aufgelegt.

Wichtig, so Prümers, sei jetzt, das unverschuldet verlorene Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen. Der WLV setzte weiter auf Transparenz und Tage der Offenen Tür, denke aber auch an Videodokumentationen im Internet und ähnliches. Die Bauern wünschten sich zudem dringend eine Versachlichung der Debatte. So müsse man zur Kenntnis nehmen, dass die Dioxin-Grenzwerte „technische“ und keine toxikologischen Grenzwerte seien. Eine Gesundheitsgefährdung sei bei den äußert niedrig angesetzten Grenzwerten auszuschließen. Muttermilch etwa habe einen weitaus höheren Dioxin-Gehalt als ihn der Grenzwert für Schweinefleisch erlaube; auch sei beispielsweise der Dioxin-Wert für Fisch sieben Mal höher. Das ändere natürlich nichts daran, dass Dioxin keinesfalls etwas in Lebensmitteln zu suchen habe, könne jedoch „Hysterie“ vermeiden helfen.

Bisher, so der Veterinär Dr. Raatz, habe ein Mitarbeiter rund 30 Futterproben im Kreis pro Jahr genommen und untersuchen lassen. Künftig werde diese Zahl wohl etwas erhöht. Grundsätzlich sei für die Kontrolle von Futtermittelfirmen jedoch das LANUV zuständig, Kontrollen seien desto sinnvoller, je näher sie an diesem Flaschenhals erfolgten. Kontrollen „am Trog“, bei denen außer nach Dioxin auch nach vielen anderen schädlichen Substanzen wie Afflatoxinen oder Schimmel gesucht werde, könnten das Kontroll-System nur ergänzen.

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Prof. Toews: Der Schweinezyklus ist nicht berechenbar

Montag, 24. Januar 2011
Bei der Betrachtung des Schweinemarktes steht die Analyse von Vermarktungszyklen ganz weit oben auf der Hitliste der Marktteilnehmer. Nicht umsonst spricht man auch vom Schweinezyklus. Prof. Dr. Thore Toews von der Fachhochschule Bingen erläuterte auf der DLG-Wintertagung, dass als Preiszyklen interpretierte Zeitintervalle am Schweinemarkt in der Regel von kleinen Impulsen als Auslöser für einen Richtungswechsel ausgehen, die eine große Auswirkung zeigen.

Dass Preisschwankungen in einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten, ist auch für Toews unbestritten. Das hat dazu geführt, überhaupt von Zyklen zu sprechen. Allerdings warnte Toews davor, sich auf eine Vorhersagbarkeit der sogenannten Schweinezyklen zu verlassen. Bislang sei es nicht gelungen, mit mathematischen Modellen die zeitliche Regelmäßigkeit nachzuweisen und die Wendepunkte vorherzuberechnen. Die Untersuchungen der Preisentwicklung am Schweinemarkt, die Toews über jahrelange Zeitreihen durchgeführt hat, zeigen allerdings, dass zeitlich gesehen die Preiszyklen länger anhalten als die Produktionszyklen. Daraus schlussfolgert er, dass die Preiszyklen nicht von der Produktion beeinflusst sind.

Erkennbar war in den Jahren seit 2005, dass regelmäßige Preisschwankungen auftraten. Nämlich Preissteigerungen im April und im Frühsommer sowie Preiskorrekturen im Winter beziehungsweise zum Jahreswechsel. Wie kann der Schweinemäster auf diese Entwicklung reagieren? Die einzige Möglichkeit für den Mäster ist das Aussetzen von Mastdurchgängen, so Toews.

Werden im Falle von Preiserhöhungen mehr Mastschweine aufgestallt, erfolgt der umgekehrte Fall. Mit einer zeitlich versetzten Reaktion steigen in der Regel analog zu den natürlichen Produktionszyklen die Ferkelpreise. Die umgekehrte Reaktion ist bei fallenden Preisen zu beobachten. Laut Toews stellen die Zeitangaben nur Anhaltswerte dar, und er warnt davor, Zyklen herauszulesen. Denn aktuelle Untersuchungen zeigen, dass es aufgrund des Produktionsverhaltens keine zyklische Marktmacht der Ferkelerzeuger über die Mäster gibt und umgekehrt.

Die Theorie des Schweinezyklus beruht darauf, dass es bei hohen Marktpreisen zu verstärkten Investitionen kommt, die sich wegen der Aufzuchtperiode erst verzögert auf das Angebot auswirken, dann aber zu einem Überangebot und Preisverfall führen. Infolgedessen kommt es zur Reduzierung der Produktion, die sich ebenfalls erst zeitverzögert auswirkt. Zeitlich versetzt kommt es zu einer Angebotslücke bei verstärkter Nachfrage, was schließlich zu steigenden Preisen führt. Durch die Zeitverzögerungen im Regelmechanismus zwischen Angebot, Nachfrage und Preis entsteht eine instabile Marktsituation, die das Angebot schwanken lässt. Soweit die Theorie und das klassische Modell des Schweinezyklus.

Export von Schweinen in Drittländer

Montag, 24. Januar 2011

Dioxin – Überblick zum Export in Drittländer In den letzten Tagen verunsicherten Meldungen, dass Russland seine Märkte für deutsches Schweinefleisch sperrt, die Märkte. Nun ist die Lage etwas klarer. Das BMELV hat über das Wochenende daran gearbeitet, die Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Russland schnellstmöglich zu klären. Einfuhren nach Russland sind weiter unter Auflagen möglich: Jeder Sendung Schweinfleisch müssen ab dem 24.01.2011 Veterinärbescheinigungen beiliegen. Dies gilt für die Ausfuhren von Schweinefleisch und frischen Schweinefleischzubereitungen aus der Europäischen Union in die Russische Föderation. Die negativen Ergebnisse der Dioxin-Untersuchung eines amtlich anerkannten Labors müssen beiliegen. Der Lebendexport von Schweinen ist derzeit untersagt. Die ISN setzt sich weiter mit Nachdruck dafür ein, dass sich die Erholung am Markt schnellstmöglich im aktuellen Preisgeschehen widerspiegelt! Sonstige Exportbeschränkungen Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums waren bis zum gestrigen Donnerstag von folgenden Staaten Einfuhrverbote für deutsches Schweinefleisch verhängt worden: China, Philippinen, Korea und Weißrussland Zahlreiche weitere Staaten fordern offiziell Zusatzuntersuchungen bzw. Garantien: Ukraine, Hongkong, Südkorea und Japan. Daneben gibt es eine Reihe von Staaten, die zwar keine offiziellen Restriktionen verhängt haben, wo es aber dennoch zu Problemen beim Export kommt, wenn z.B. die Importeure Zusatzuntersuchungen fordern.

EU will Preisverfall bei Schweinefleisch stoppen

Montag, 24. Januar 2011

Der deutsche Dioxin-Skandal lässt Bauern in ganz Europa zittern. Mit Russland verhängt nun einer der größten Importeure einen Einfuhrstopp. In einigen EU-Ländern sind die Schweinefleischpreise inzwischen sogar unter die Produktionskosten gesunken. Nun soll eine Krisensitzung den Preisverfall aufhalten.

BERLIN. Trecker verstopfen am Samstag die Zufahrt zum Regierungsviertel in Berlin. Aufgebrachte Bauern und 22 000 Demonstranten verlangen mit “Wir haben es satt”-Transparenten lautstark die Agrarwende – weg von der angeprangerten “Aldisierung” der Landwirtschaft mit immer mehr, immer billigeren und immer schlechteren Nahrungsmitteln.

Während die Demonstranten vom Messegelände der “Grünen Woche” zum Brandenburger Tor ziehen, beraten Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) und 50 Kollegen aus aller Welt, wie Agrarspekulanten und der Hunger in der Welt bekämpft werden können – und wie sich Europas Bauern vor der Pleite schützen lassen. Denn seit Ausbruch des Dioxin-Skandals geraten Landwirte europaweit heftig unter Druck: “Der EU-Schweinemarkt steht vor einem Kollaps”, warnt Patrick Vanden Avenne vom europäischen Tierfutterverband Fefac. Vor allem in Deutschland herrsche Furcht vor einem “erheblichen Absatzstau”, sagt der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Jürgen Abraham: “Das ist eine harte Nummer.”

Deshalb wollen die EU-Agrarminister heute in Brüssel auf einer Krisensitzung “Sofortmaßnahmen” ergreifen, wie EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos in Berlin betont. Der ruinöse Preisverfall solle gestoppt werden. In einigen EU-Ländern sind die Schweinefleischpreise inzwischen unter die Produktionskosten gesunken, haben osteuropäische Ressortchefs beobachtet. Da deutsche Landwirte nun massiv stark verbilligtes Schweinefleisch auf den Markt brächten, erlitten die heimischen Bauern massive Verluste, klagten Minister aus mehreren EU-Staaten gegenüber dem Handelsblatt.

Zugleich will nach China, Südkorea, der Ukraine und anderen Ländern nun auch Großabnehmer Russland die Grenzen dichtmachen. Ab heute gilt ein Importverbot von lebenden Schweinen nach Russland. Schweinefleischdarf nur noch ins Land, wenn amtlich bestätigt wird, dass es nicht dioxinbelastet ist.

Russland war im vergangenen Jahr mit der Einfuhr von 140 000 Tonnen einer der größten Abnehmer deutschen Schweinefleisches und droht inzwischen mit einem generellen Importstopp. Auf einer Liste, in die das Handelsblatt Einsicht nehmen konnte, haben zwei Dutzend deutsche Produzenten die Ausfuhr von Schweinefleisch nach Russland beantragt, vor allem Betriebe aus Vechta und Verden. Sergej Dankwert, Chef der russischen Agraraufsicht, hat aber “konkrete Befürchtungen, dass Deutschland Fleisch nicht vernünftig auf Dioxin testet” und es deshalb nicht importiert werden dürfe.

Die russische Agrarministerin Jelena Skrynnik sagt, dass “immer mehr Länder Verbote einführen. Das zeigt, dass die deutsche Seite nicht nur mit uns nicht gut zusammenarbeitet.” Mykola Prysjachnjuk, Landwirtschaftsminister der Ukraine, verteidigt die Importhürden mit mangelnden Kontrollen in Deutschland. “Wir werden jetzt selbst jede ankommende Partie Fleisch genau untersuchen”, sagte er dem Handelsblatt. Laut nordrhein-westfälischem Agrarministerium war belastetes Frittieröl die Quelle des Dioxins im Tierfutter. Der Futtermittelproduzent Harles & Jentzsch soll es ins Futter gemischt haben. So gelangte es in Eier, Hühner- und Schweinefleisch.

www.haller-ag.de

Preisverfall: Niederländer blockieren Schlachtunternehmen

Sonntag, 23. Januar 2011
Gestern hatte der Fachverband der niederländischen Schweinehalter (NVV) zu einer Blockade von Schlachtstätten gegen den Verfall der Erzeugerpreise aufgerufen.

Die Blockaden richteten sich gegen neun Standorte der Schlachtunternehmen Vion, Compaxo, Westfort, Hilckman und Van Rooi. Ziel der Aktion ist eine gerechtere Margenverteilung. Für die niederländischen Schweinehalter brachte der Verfall der niederländischen Schlachtschweinepreise durch den deutschen Dioxinskandal das Fass zum Überlaufen.

Derzeit gebe es keine Beziehung zwischen den tatsächlichen Produktionskosten und dem Preis für den Schweinefleisch im Laden verkauft wird. Grund dafür sei laut NVV, dass der Preis für Schweinefleisch in den letzten Jahren nicht mehr auf normalem Wege, sondern durch die Marktmacht einiger Käufer bestimmt würde.

Darüber hinaus seien es die Mäster leid, zur Teilnahme an immer anspruchsvolleren Qualitätssicherungssystemen verpflichtet zu werden, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgingen, gleichzeitig aber von den Schlachtereien das volle Vermarktungsrisiko auferlegt zu bekommen.

Erste Reaktion von Vion: In der Sache sei Vion nicht kompromissbereit. Im Moment müsse erst das Dioxinproblem gelöst werden, bevor man über eine neue Preisbildung nachdenken könne.

Heute sitzen NVV, Schlachtereien und Staatssekretär Bleker am runden Tisch, um über eine neue Preisbildung zu diskutieren.

Quelle: www.schweine.net; www.haller-ag.de

APP – Actinobacillus pleuropneumoniae – ein kleines Bakterium mit großer Wirkung

Montag, 11. Oktober 2010

APP – Actinobacillus pleuropneumoniae – ein kleines Bakterium mit großer Wirkung

Über Infektionen mit Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) und deren Vorkommen in Norddeutschland berichtet Dr. Hendrik Nienhoff vom Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
 
Hustende Ferkel, Mastschweine oder auch Jungsauen sind in vielen Betrieben anzutreffen. Insbesondere wenn es in den Herbst oder ins Frühjahr geht und es kalte Nächte bei verhältnismäßig warmen Tagen gibt, dann spielen Atemwegsinfektionen in den Schweinebeständen eine große Rolle. Als Verursacher dieses Hustengeschehens kommen eine Reihe von Viren und Bakterien in Betracht. Eines dieser Bakterien ist der APP-Erreger (Actinobacillus pleuropneumoniae). Die Erkrankung tritt häufig zwischen der 9. und 16. Lebenswoche auf. APP kommt in zwei Biovaren und  mittlerweile 15 unterschiedlichen Serotypen vor, von denen in Europa die Serotypen 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 9 zu diagnostizieren sind. Die Serotypen sind unterschiedlich stark krankmachend, eine sehr hohe Pathogenität wird insbesondere den Serotypen 1, 2, 5 und 9 zugesprochen  Die krankmachende Wirkung des Erregers beruht auf seinen Toxinen (Apx I-III). Diese Toxine zerstören die Lungenmakrophagen und die roten Blutkörperchen. Als Folge hiervon findet man bei der Sektion bei einem perakuten bis akuten Verlauf dunkle oder blutige, scharf abgegrenzte Lungenbezirke mit abgestorbenem Gewebe. Auch Verwachsungen von Lunge und Brustfell sind möglich. Liegt ein chronischer Verlauf vor kann es zu abgekapselten abgestorbenen Lungenbezirken kommen. Diese Unterschiedlichen Verlaufsformen spiegeln sich auch beim klinischen Bild im Stall wieder. Bei der perakuten Verlaufsform kommen die Schweine nicht einmal mehr zum Husten. Hohes Fieber (bis 42 ºC) und eine massive Herz-Kreislaufschwäche mit blau-roter Verfärbung der Ohren und Rüsselscheibe, Maulatmung und Schaumbildung vor dem Maul führen innerhalb weniger Stunden zum Tode.
 
 Auch bei einem akuten Verlauf sterben ein großer Teil der Tiere ohne Behandlung, Fieber bis 41ºC und massiver Husten sind hier typisch. Häufig findet man in chronisch infizierten Betrieben aber eher auch die chronische Verlaufsform: wenig oder kein Fieber, Husten, beschleunigte Atmung, Kümmern und blasse Haut. Hier ist ein eher schleichender Verlauf zu erwarten, doch können die Verluste immerhin noch bis zu 10% betragen.
 
  Apathisches Tier mit akuter Actinobacillus pleuropneumoniae (APP)-Infektion
 
Die Diagnose kann am besten über eine Sektion und den direkten Erregernachweis über kulturelle Anzüchtung aus den entnommenen Lungenproben gestellt werden. Alternativ dazu kann der Erreger auch aus Lungenspülflüssigkeit isoliert werden. Auch neuere Verfahren zum direkten Erregernachweis über die PCR (Polymerase Chain Reaction) sind möglich.
 
APP-Anteil an Lungeninfektionen und Diagnostik:
Betrachtet man den Anteil von APP-Nachweisen bei den Lungeninfektionen so ergibt sich folgendes Bild:
 

Übersicht 1: Isolierung von APP aus Lungen- und Lungenspülproben (LUFA-Nordwest) im Auswertungszeitraum von Januar 2003 bis Juni 2004
Untersuchungsut Anzahl untersuchter Proben kultureller APP-Nachweis in Prozent
Lungen 873 11,6 %
Lungenspülproben 66 6 %

Daraus lässt sich folgern, dass der Anteil von APP-Infektionen bei den Atemwegserkrankungen 

Übersicht 1: Isolierung von APP aus Lungen- und Lungenspülproben (LUFA-Nordwest) im Auswertungszeitraum von Januar 2003 bis Juni 2004 Untersuchungsut
 Anzahl untersuchter Proben
 kultureller APP-Nachweis in Prozent
 
Lungen
 873
 11,6 %
 
Lungenspülproben
 66
 6 %
 
 
Daraus lässt sich folgern, dass der Anteil von APP-Infektionen bei den Atemwegserkrankungen  des Schweines in Norddeutschland bei etwa 10 % liegt. Wertet man aber die serologischen Untersuchungen von Blutproben aus ergibt sich ein anderes Bild. In Untersuchungen des IVD, Hannover sind ca. 30 % der eingesendeten Proben serologisch positiv. Die serologische Untersuchung hat allerdings auch so ihre Tücken.
Es sind verschiedene ELISA-Tests bei den verschiedenen Laboren im Einsatz (APXII, APXIV, APXI,Tbp2, Dänischer ELISA). Diese Tests haben z.T. das Problem von Kreuzreaktionen mit apathogenen Aktionbacillen, zudem werden nicht alle Serotypen erkannt. Z.B. werden im Dänischen ELISA (nur in Kopenhagen angeboten) nur die Serotypen 2, 6, 12 erkannt und im SPF System ausgewiesen. Dabei sind dieses nicht die krankmachensten Serotypen (1, 5, 9, 11), sondern gehören zu einer mittleren Kategorie.
Da der Erreger zum Großteil durch Tierkontakt übertragen wird, werden auch in der Ferkelerzeuger- und Zuchtstufe Untersuchungen auf das Vorhandensein von APP durchgeführt. Insbesondere in der Zuchtstufe führen alle größeren in der Bundesrepublik tätigen Zuchtunternehmen Screenings durch. Hierbei ergibt sich folgendes Problem:
Es werden Untersuchungen auf den Schlachthöfen (Lungenbefundungen), klinische Untersuchungen in den Beständen, Untersuchung von Tieren mit Atemwegsinfektionen (Anlassbezogene Untersuchungen) und serologische Untersuchungen durchgeführt. Bei einer klinisch, pathologisch-anatomisch und ätiologisch bestätigten APP-Infektion, scheidet der betroffene Betrieb in der Regel aus der Vermehrung aus.
 
Eine besondere Problematik liegt bei der serologischen Untersuchung vor.
Es gibt sowohl wie oben beschrieben falsch positive Reaktionen in den gängigen Antikörper-Testverfahren, aber auch bei Beprobung ungeeigneter Tiere im Betrieb (junge Tiere) können in positiven Beständen falsch negative Proben generiert werden.
Des Weiteren findet sich in Betrieben häufig kein klinisches und pathologisch-anatomische Korrelat zum serologischen Befund und ein kultureller oder auch PCR-Nachweis des Erregers gelingt nicht, oft wird erst durch die Beteiligung weiterer Erreger (z.B. PRRS) eine klinische Relevanz deutlich.
Aufgrund dieser Problematik sind einige Zuchtunternehmen dazu übergegegangen der APP-Status ihrer Vermehrungsbetriebe nicht mehr über serologischen Befund zu definieren. Die Einschätzung des Betriebes erfolgt dann über Schlachtbefunde, anlassbezogene Untersuchungen und den Erregernachweis (z.B. PIC). Andere Unternehmen weisen nur bestimmte Serotypen aus (Danzucht).
 
Was kann man tun, wenn APP im Betrieb zum Problem wird:
Bei einem akuten Krankheitsgeschehen muss die gesamte Gruppe sofort antibiotisch behandelt werden. Da aber insbesondere bei einem perakuten oder akuten Verlauf die Tiere weder fressen noch trinken, sind die Gruppen am besten per Injektion über mehrere Tage zu behandeln. Hierfür steht eine Anzahl an Wirkstoffen zur Verfügung von denen Beispielhaft hier Amoxicillin oder Florfenicol genannt werden können. Fressen oder trinken die Tiere noch so kann auch mit einer Futter- oder Wassermedikation gearbeitet werden, hier seinen Beispielhaft Amoxicillin, Tetracyclin (Achtung! Handelsbeschränkungen), Doxicyclin oder Trimethoprim-Sulfonamid genannt. Therapiebegleitende Maßnahmen in Haltung und Hygiene sind unerlässlich.
Um dauerhaft die Erkrankung unter Kontrolle zu bekommen, eignen sich antibiotische Maßnahmen jedoch nicht. Hier ist es wichtig den Infektionsdruck im System zu senken. Ein gezieltes Management mit konsequentem Rein-Raus Verfahren ist Voraussetzung. Impfmaßnahmen können helfen den Infektionsdruck zu senken. Es stehen zwei kommerzielle Impfstoffe zur Verfügung, von denen ein Impfstoff ein Ganzzellimpfstoff ist der nur Serotyp 2 abdeckt, der andere eine sog. Subunitvaccine ist, der mehrere Serotypen abdeckt. Beide Impfstoffe sind Totimpfstoffe. Ein einigen Fällen, bei bestimmten Serotypen und versagen der kommerziellen Impfstoffe, kann es sinnvoll sein einen stallspezifischen Impfstoff aus den im Bestand isolierten APP-Stämmen herstellen zu lassen. Um den Erregerdruck im System nachhaltig zu senken empfiehlt es sich nach Grundimmunisierung im Abstand von ca. 4 Wochen die Sauen vor jedem Abferkeln zu Impfen und die Ferkel in der Aufzucht zwischen der 6. und 12. Lebenswoche. Beim Einsatz der kommerziellen Impfstoffe sind die Zulassungsbeschränkungen zu beachten. Welche Impfstoffe und welches Impfschema zum Einsatz kommt, sieht in unterschiedlichen Betrieben auch sehr unterschiedlich aus. Der Hoftierarzt wird einen Bekämpfungsplan speziell zugeschnitten auf den Betrieb und die Begleitumstände erarbeiten. Eine Sanierung betroffener Bestände zur Erlangung der Erregerfreiheit ist schwierig, aufwendig und für normale Betriebe ökonomisch nicht sinnvoll. Hier ist es wichtiger über die Senkung des Infektionsdrucks mit Management, antibiotischen und Impfmaßnahmen den Erreger soweit im Betrieb zurückzudrängen,  das keine ökonomischen Schäden entstehen.
 

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