Ist der Dioxin-Skandal vorbei?

Saerbeck/Kreis Steinfurt – Alle Höfe in NRW, also auch die im Kreis Steinfurt, sind wieder freigegeben. Ist damit auch der Dioxin-Skandal vorbei? Dr. Andreas Raatz vom Kreis-Veterinäramt rechnet nicht damit, dass neue Lieferlisten auftauchen, die weitere Hinweise auf belastetes Futter geben, aber: „Ich bin auch kein Prophet.“ 15 von 18 Probeschlachtungen im Kreis hätten bei Schweinen keine erhöhten Dioxin-Werte ergeben; drei Ergebnisse stünden noch aus, aber die betroffenen Höfe seien jetzt schon freigegeben worden, weil das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz, LANUV, dies aufgrund der Gesamtlage so angeordnet habe, Und noch eine gute Nachricht sogt bei den Bauern für Erleichterung: Russland hat sein Import-Verbot für deutsches Schweinefleisch wieder aufgehoben. Carsten Spieker, Vize-WLV-Kreisvorstand: „Der Export ist für uns extrem wichtig.“

Derweil geht auch regional die Aufarbeitung des Skandals weiter. WLV-Kreisverbandschef Johann Prümers sprach gestern vor der Presse im Saerbecker Grünen Zentrum von „krimineller Energie einzelner Täter“, unter der jetzt ein ganzer Berufsstand zu leiden habe. Geldbußen reichten hier nicht aus, meinte Prümers und forderte Haftstraßen für die Täter.

Weiterhin leiden die Landwirte auch im Kreis Steinfurt unter dem Preisverfall für Fleisch und Eier in Folge des Dioxin-Skandals. Von 1,41 Euro pro Kilo Schweinefleisch vor der Krise sei der Preis bis auf 1,12 Euro gefallen, führte Albert Rohlmann, Vorsitzender des Veredlungsausschusses im Kreis Steinfurt, aus. Das mache pro Schwein 25 bis 30 Euro Verlust aus und könne auch schon mal bis auf 50 Euro Verlust ansteigen, wenn Tiere zu schwer geworden seien. Auch habe die Ferkelnachzucht ja nicht auf die schwindende Nachfrage abgestimmt werden können, was ebenfalls Kosten verursache.

Ähnlich sieht es bei Eiern aus. Carsten Breckweg, Geflügelbauer aus Recke, dessen Hof als erster im Kreis gesperrt wurde: „Der Eierpreis ist auf ein katastrophal niedriges Niveau gesunken.“ Prümers schätzt, dass jeder Veredlungsbetrieb im Kreis zwischen 10 000 und 20 000 Euro Schaden erlitten habe. Hier seien finanzielle Erleichterungen für die Landwirte angebracht. Die Landwirtschaftliche Rentenbank habe bereits Liquiditätsdarlehen für dioxingeschädigte Betriebe aufgelegt.

Wichtig, so Prümers, sei jetzt, das unverschuldet verlorene Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen. Der WLV setzte weiter auf Transparenz und Tage der Offenen Tür, denke aber auch an Videodokumentationen im Internet und ähnliches. Die Bauern wünschten sich zudem dringend eine Versachlichung der Debatte. So müsse man zur Kenntnis nehmen, dass die Dioxin-Grenzwerte „technische“ und keine toxikologischen Grenzwerte seien. Eine Gesundheitsgefährdung sei bei den äußert niedrig angesetzten Grenzwerten auszuschließen. Muttermilch etwa habe einen weitaus höheren Dioxin-Gehalt als ihn der Grenzwert für Schweinefleisch erlaube; auch sei beispielsweise der Dioxin-Wert für Fisch sieben Mal höher. Das ändere natürlich nichts daran, dass Dioxin keinesfalls etwas in Lebensmitteln zu suchen habe, könne jedoch „Hysterie“ vermeiden helfen.

Bisher, so der Veterinär Dr. Raatz, habe ein Mitarbeiter rund 30 Futterproben im Kreis pro Jahr genommen und untersuchen lassen. Künftig werde diese Zahl wohl etwas erhöht. Grundsätzlich sei für die Kontrolle von Futtermittelfirmen jedoch das LANUV zuständig, Kontrollen seien desto sinnvoller, je näher sie an diesem Flaschenhals erfolgten. Kontrollen „am Trog“, bei denen außer nach Dioxin auch nach vielen anderen schädlichen Substanzen wie Afflatoxinen oder Schimmel gesucht werde, könnten das Kontroll-System nur ergänzen.

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